Also zu allererst: es war wieder köstlich und amüsant in welch rasendem Tempo sich Dascha in ein neues Abentuer stürzt, um diesmal einen Freund aus Frankreich aufzuspüren.
Mit welcher Leichtigkeit sie sich in schwierige Situationen hineinmanövriert, und wie gekonnt sie sich dabei auch wieder herauswurschtelt ist mir immer wieder eine Freude mitzuverfolgen.
Dabei ist die rasante Erzählung gespickt mit der Schilderung der etwas chaotischen Familie und ihrer Freunde, die dann auch gleich mal da wohnen bleiben, sei es um einen geeigneten Ehemann zu finden, oder weil es sich eben um entfernte Verwandte handelt (Daschas Familie ist nicht zuletzt durch 7 Heiraten um eine große Anzahl an Schwiegermüttern und deren Männer oder auch Ex-Männer angewachsen). Dazu kommt dann noch der Alltag in der russischen Metropole mit seinen postkommunistischen Veränderungen, in den die Krimihandlung eingebettet wird.
Dies alles macht die gute Mischung für eine sehr kurzweilige Krimi-Unterhaltung mit landeskundlicher Würze. Viel Spaß beim Lesen!
edogawa - 2. Mai, 11:12
Dzevad Karahasan: Der nächtliche Rat; der Autor im Interview im
Standard
Ulrich Ritzel: Uferwald
Magdalen Nabb: Eine Japanerin in Florenz. Guarnaccias dreizehnter Fall.
Frode Grytten: Die Raubmöwen besorgen den Rest.
Yasmina Khadra: Nacht über Algier
Urs Schaub: Das Gesetz des Wassers
P.D. James: Wo Licht und Schatten ist
Didier Daeninckx: Bei Erinnerung Mord
Saskia Noort: Das dunkle Haus
edogawa - 7. Apr, 11:14
Petersplatz, also Rom, der Papst (am Cover), also im Bereich der Kirche angesiedelt, Komplott, also Verschwörung.
Ausgehend vom Papst-Attentat 1981 in Rom entwickelt George Tenner eine brisante und rasante Geschichte, eine politische Geschichte, verwoben mit Fanatismus und Terror, Geheimdienst und Gewerkschaft, Kommunismus, linken und rechte Parteien.
Ein europäischer Roman, nicht nur aufgrund der Schauplätze - Italien, Türkei, Russland, Deutschland -, sondern auch aufgrund der Einbettung in die europäische Geschichte von 1980 bis heute, die stark geprägt ist von den Veränderungen in den kommunistischen Ländern mit Auswirkungen auf die ganze Welt.
Der Roman beginnt mit der Schilderung der Vorbereitung und Durchführung des Attentates auf den Papst 1981 in Rom. Im Zuge der Einvernahme des daraufhin arretierten Attentäters lernt der Leser in Rückblicken das Leben und den Werdegang des aus einfachsten Verhältnissen stammenden Anatoliers kennen, der vom kleinen Handlanger zu einem bezahlten Killer wird. Er ist ein Werkzeug, dessen sich die anderen bedienen, er ist Soldat, er führt Befehle aus, woher sie auch kommen mögen.
Ein packender Roman, der besonders in den authentischen Dialogen seine sprachliche Qualität voll auspielt.
Besonders erwähnenswert die detailgetreuen Beschreibungen von Schauplätzen, Sitten und Lebensarten. Die Schilderungen der türkischen Städte und des türkischen Lebens waren so fesselnd, dass man sich wähnte, bereits selbst dort gewesen zu sein.
Nichts für Cosy-Krimi-Fans, dafür umso mehr zu empfehlen für Fans poltischer Verschwörungen.
Übrigens: Ein neuer Roman "Der Schrei des Pelikans" ist gerade in der Edition Octopus erschienen.
edogawa - 7. Apr, 10:55
Der düstere Einband, auf dem man nur schwer eine verfallende Holzhütte erkennen kann, stimmt mich bereits auf das lang erwartete schlanke Buch (125 Seiten) ein.
Ich habe schon einige Rezensionen gelesen, und freue mich, als ich es dann endlich selber in Händen halte.
In einem Zug verschlinge ich die Geschichte, die mich in ganz eigenartiger Weise fesselt: die Schilderungen des ländlichen Lebens, das ich zwischen den Zeilen der interviewten Personen herausfiltere, die karge Sprache, oft verwirrende Aussagen, aneinandergereihte Zeugnisse verschiedenster Blickwinkel.
Eine unkommentierte Aufzeichnung dessen, was Zeugen bemerkt, gesehen, gedacht haben. Und langsam wird das Bild über die Tragödie auf dem am abgelgenen Hof zu Tode gekommenen Familie klarer, schärfer, und ganz am Schluß offenbart sich dem Leser, wer diese Person ist, die am Hof der toten Familie das Vieh versorgt, damit es nicht brüllt.
Sehr einprägsam, sehr dicht, sehr gut.
edogawa - 7. Apr, 10:26
Die Hauptfigur Valère Notermans, eintönig mit Frau und Arbeit lebend, erfreut sich immer mehr an der cineastischen Kunst, derentwegen er die Festivals in der Provinz bereist. Besonders das beinahe Vergessene, abseits des Mainstreams, hat es ihm angetan. Umso größer die Freude, als bei einer solchen Reise ganz außergewöhnliches aber zugleich schreckliches Filmmaterial entdeckt wird.
Verwunderlich nur, dass niemand das Werk kennt, der Drehort, mitwirkende Personen, alles entzieht sich den in cineastischen Fragen bewanderten Personen, deren Hilfe Notermans in Anspruch nimmt, um das Rästel dieser Filmreste zu lüften.
Ein schreckliches Geheimnis offenbart sich, als es Notermans letztlich gelingt, die Identität des Films zu ergründen.
In diesem in knapper Sprache erzählten Roman wird der Leser mit Fragen zu Ästehtik und Moral konfrontiert, und befindet sich plötzlich auf einer Reise in die schreckliche Vergangenheit des Nazionalsozialismus.
Absolut lesenswert.
edogawa - 7. Apr, 09:44
In Nino Filastós „Fresko in Schwarz“ gerät Avvocato Scalzi eher zufällig in die Ermittlungen rund um den Mord an einem Archivar und taucht dabei tief ein in die Kunstgeschichte seiner Heimatstadt Florenz, die anscheinend einige Rätsel birgt. Dieser Roman bietet alles, was ein Italien-Liebhaber schätzt: die Stadt Florenz mit all ihren Kunstschätzen, Hauptfiguren, die zwar alle im Norden wohnen, aber aus dem Süden stammen und eine Menge bunter Vögel, die scheinbar gleichzeitig über Alles und Nichts lauthals reden.
Ein kurzweiliges Buch mit einem sympathischen Helden, unterhaltsam und zwischendurch richtig spannend.
Auch „Unter den Mauern von Bologna“ von Loriano Macchiavelli ist ein sehr angenehmes Buch, das ich soeben zu lesen begonnen habe. Scheinbar unsichtbar folgt der Ich-Erzähler, der eigentlich gar keiner ist, seinen Figuren überall hin und schildert mit viel Augenzwinkern die Geschehnisse rund um einen Mordfall, in dem der Polizist Sarti Antonio ermittelt. Er mischt sich in die Handlung ein, ermahnt seine Figuren und widerspricht ihnen auch. Der Autor, und somit der Ich-Erzähler, nennt Sarti zärtlich „mein Polizist“, man spürt, wie sehr er die von ihm geschaffene Hauptfigur liebt. Der Polizist Sarti Antonio ist es auch, der den Roman schon nach wenigen Seiten so sympathisch macht: Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen, ist Sarti kein begnadeter Ermittler, der immer die richtigen Schlüsse zieht und durch analytisches Denken und Kombinationsgabe auch komplizierte Fälle lösen kann. Nein, er ist in erster Linie Mensch (und Italiener mit großer Liebe zu Espresso) und ausgestattet mit viel Menschlichkeit. Seine Tollpatschigkeit und sein öfters etwas unbedarftes Wesen sei ihm schon jetzt auch für die nächsten 250 Seiten verziehen.
edogawa 2
edogawa - 3. Feb, 21:55
Dr. Marc Seidman erwacht schwer verletzt auf der Intensivstation eines Krankenhauses. Er wurde beim Überfall auf sein Haus durch Schüsse lebensgefährlich verletzt, seine Frau ist tot, seine Tochter wurde entführt. Aus dem Krankenhaus entlassen, lässt nur ein Gedanke Dr. Seidman nicht mehr ruhen: er will seine Tochter zurück. Und tatsächlich melden sich die Entführer mit einer Lösegeldforderung und geben Marc eine Chance, seine Tochter wieder zu kriegen. Jedoch keine zweite! Die Jagd beginnt!
Harlan Coben ist ein amerikanischer Autor: es gibt die Guten und die Bösen. Die Guten schauen gut aus, die Bösen schauen böse (also hässlich oder schon beinahe teuflisch gut) aus. Man ist sich beim Konsumieren des Romans nie sicher, ob man ein Buch liest oder ob man sich gerade einen rasanten Actionfilm anschaut. Manche Aussagen des Romans, wie z.B. „Serbien ist ein vom Krieg verwüstetes Höllenloch“ (Erscheinungsjahr des Romans 2003!) muten vielleicht aufgeklärten Europäern etwas seltsam an (oder zeugen auch nur von etwas schlampiger Recherche). Aber an sich stört das beim Lesen des Romans nicht wirklich, zu sehr ist man aus anderen Büchern bzw. aus Filmen mit dem Hang der Amerikaner zu Schwarz-Weiß-Malerei vertraut. Den Leser erwartet sicher keine große Literatur, sondern eigentlich nur spannende Unterhaltung. In rasantem Tempo schildert Coben die Geschehnisse rund um Dr. Seidman und dessen Jagd nach den Entführern seiner Tochter. Handwerklich gut geschrieben, wechselt der Autor ständig seine Erzählweise, eine Situation wird aus mehreren Sichten beschrieben. Das erhöht die Spannung ungemein, der Leser weiß oft schon mehr als die Figur, aus deren Sicht die Geschichte gerade erzählt wird. Trotz laufender Wendungen (viele davon recht gelungen) bleibt die Handlung relativ linear, die Anzahl der Protagonisten ist übersichtlich, der Plot ist mehr oder weniger schlüssig, das überraschende Ende muss wohl sein, auch wenn es den aufmerksamen Leser nicht wirklich überrascht.
Man muss „Keine zweite Chance“ als das betrachten, was es ist: Ein sehr spannender, tempo- und actionreicher Roman, der viel Unterhaltung bietet und den man nur schwer nicht in einem Zug lesen kann. Wenn man also über einige fragwürdige Inhalte einfach hinwegschaut (oder besser darüber schmunzelt), bietet das Werk großen Lesespaß ohne Anstrengung und Tiefgang.
edogawa 2
edogawa - 3. Feb, 21:10
Edward Dunford ist Gerichtsreporter der „Evening Post“ in Yorkshire im Jahre 1974. Ein junges Mädchen wird auf grausame Art getötet, bereits Jahre zuvor waren zwei Mädchen auf ähnliche Weise ums Leben gekommen. Barry, ein Kollege Dunfords stirbt unter misteriösen Umständen. Besteht ein Zusammenhang zwischen den Morden an den drei Mädchen? Was hat ein ehrwürdiger Bauunternehmer mit der Sache zu tun? Wusste Barry mehr darüber, als erlaubt war? Und will die Polizei die Fälle wirklich lösen? Edward Dunford verbeisst sich im Zuge seiner Recherchen immer tiefer in die Lösung dieser Rätsel, bis er letztendlich alle blutigen Fäden in der Hand hält. Er nimmt dabei weder Rücksicht auf seine Umwelt noch auf sich selbst, denn am Schluss werden auch seine Hände blutig sein.
„1974“ von Deavid Peace ist ein unglaublich harter Roman, härter, als einem manchmal lieb ist. Das Buch tut weh, inhaltlich und stilistisch.
Sein Held, Edward Dunford, ist kein sympathischer Mensch. Er wirkt wie ein verweichlichtes Muttersöhnchen, das sich ständig für sein Verhalten entschuldigen muss, ohne dass man das Gefühl hat, er meint seine Reue ernst. Er behandelt seine Mitmenschen, insbesondere Frauen, wie Dreck, er ist selbstsüchtig und egoistisch. Jedoch spürt Edward doch noch ein Hauch von Menschlichkeit und Mitgefühl in sich, im Gegensatz zu den korrupten Polizisten, seinen arroganten Kollegen und den sonstigen Protagonisten in Peaces Roman. Dieser letzte Rest von Anstand lässt ihn bei seinen Recherchen zu den grausamen Verbrechen nicht ruhen. Mögen kann ihn der Leser trotzdem nicht.
Das Bild von Yorkshire des Jahres 1974, das in diesem Roman gezeichnet wird, ist ein erschütterndes. Hass, Neid, Korruption, soweit das Auge reicht, menschenverachtende Grausamkeiten stehen an der Tagesordnung. In teilweise atemberaubendem Tempo und unglaublich dichter Atmosphäre schildert der Autor die Geschehnisse um seinen „Antihelden“. Er schont dabei weder seine Hauptfigur noch den Leser. Die Brutalität des Romans schmerzt, ebenso die Sprache des Autors: Mit stakkatoartigen kurzen Sätzen „sticht“ der Autor auf den Leser ein, das Buch kurz wegzulegen fällt schwer, zu sehr ist man in der Handlung gefangen, man fühlt sich wie in einem Albtraum, aus dem man erst erwachen kann, wenn man die letzte Seite gelesen hat.
„1974“ ist kein, und soll es auch nicht sein, angenehmes Buch, es ist ein Roman, der einen nicht loslässt, der fesselt, auch wenn es schon weh tut.
Deutscher Krimipreis 2005 für „1974“ – Gratulation, Mr. Peace
edogawa 2
edogawa - 3. Feb, 20:26
Da auch ich gerade mehere Bücher lese, muss ich mir einteilen, wo und wann ich welches Buch lese, damit ich nicht den Überblick verliere und der Handlung folgen kann.
Leonardo Paduras "Meer der Illusionen" ist ein Buch, das sich glänzend "zwischendurch" lesen läßt. Obwohl sicher nicht unspannend, steht doch weniger die eigentliche Krimihandlung im Vordergrund als die Beschreibung von Personen und Orten. Es entstehen so viele kleine Geschichten über Verlierer und Sieger, über Skurilles und Außergewöhnliches. Auch nach einer kurzen Lesepause ist es recht einfach, dem Roman zu folgen. Paduras Krimi bietet sich somit für längere U-Bahn-Fahrten bzw. zur Überbrückung von Wartezeiten an.
"1974" von David Peace ist da schon eine etwas schwerer verdauliche Kost. Die beschriebenen Grausamkeiten und Brutalitäten konsumiert man vielleicht am besten an öffentlichen Orten wie Kaffeehäuser oder Bars. Es schadet sicher nicht, Menschen um sich zu haben, wenn man diesen Roman liest. Außerdem sollte man sich beim Lesen von "1974" ab und zu eine Pause gönnen, um das Gelesene zu verarbeiten. Also, Getränk bezahlen und ab nach Hause auf die Lesecouch.
Dort wartet dann "Die zweite Chance" von Harlan Coben. Die Autoren aus Übersee, zumindest die guten, drücken ganz gewaltig aufs Tempo. So auch Coben mit seinem Roman, einem echten Pageturner. Literarisch sicher nicht so anspruchsvollwie mein beiden anderen Lektüren, bietet das Buch jedoch aufgrund seiner Spanng Lesevergnügen pur. Für kurze Lesephasen ist dieser Roman nicht geignet, weil man ihn nicht so leicht zur Seite legen kann. Man muß ja schließlich so schnell wie möglich wissen, wie es weitergeht.
edogawa 2
edogawa - 21. Jan, 20:50
sind zur Zeit an der Reihe.
Habe alle vier kurz angelesen, und bin von allen so weit sehr angetan und freue mich auf eine vertiefende Lesung.
Den Anfang machen Elizabeth Corley mit "Crescendo" sowie Norbert Horst mit "Todesmuster".
Beide könnten unterschiedlicher nicht sein, obwohl sie beide Polizeikrimis sind, aber die Perspektive, weiblich bei Corley und männlich bei Horst, ist sehr gegensätzlich.
Freue mich schon auf ein dichtes Lesewochenende.
Sabina Nabers "Der Kreis" ist in Wien angesiedelt, während Taavi Soininvaaras Arto Ratamo in Helsinki und soweit ich dem Klappentext entnehme in der Folge in mehreren europäischen Hauptstädten Ermittlungen anstellt. Spannende Aussichten!
edogawa - 20. Jan, 19:20
kann man sich nun bequem auf
Handlungsreisen.de einen Handlungsort aussuchen.
In Island, genauer gesagt in Keflavik, befindet sich der Schauplatz von Arnaldur Indridassons "Gletschergrab", in Riga "Die Hunde von Riga" von Henning Mankell. Und ich bin sogar sehr erstaunt Harland auf der Weltkarte zu finden, den Schauplatz von Manfred Wieningers "Der dreizehnte Mann".
Und das wunderbare an dieser Seite, jeder User kann mithelfen, dass ein großes Archiv entsteht. Ein Formula r steht bereit, welches Buchtitel, Autor, Handlungsorte, Kommentare aufnimmt. Einfach toll!
edogawa - 12. Jan, 16:19
Nachdem ich vor kurzem über die Bach-Biografie und die nun bald erscheinende Mozart-Biografie erfahren habe, hat mich dieser Autor sehr interessiert.
Gestern erstand ich nun das Buch, in das ich mich abends schon ganz gut eingelesen habe.
edogawa - 10. Jan, 11:50
In einem sehr interessanten
Artikel von Richard Donnenberg mit dem Titel "Kurze Geschichte des österreichischen Krimis" erfahre ich, dass der Begriff "Krimi" zum ersten Mal vom Verleger Goldmann Anfang des 20. Jhdts verwendet wurde.
edogawa - 29. Dez, 08:16